Über 1000 Ideen und Anregungen hinterließen interessierte Bürgerinnen und Bürger im Rahmen der Ausstellung der Zwischenergebnisse des städtebaulichen Wettbewerbs „Konversion Südost“. Die rund 180 Gäste kamen in Etappen in die Wagenhalle, um sich einen Eindruck über die Planungsideen zu verschaffen. Die Konzepte der sechs am Wettbewerb teilnehmenden Planungsbüros wurden in Form von Plänen und textlichen Erläuterungen ausgestellt.
Trotz der Einschränkungen durch die Corona Pandemie wurde diese Möglichkeit zur frühzeitigen Bürgerbeteiligung im Wettbewerbsverfahren von einer großen Anzahl, rund 180 interessierten Bürgerinnen und Bürgern angenommen. Auf bereitgestellten Feedbackkarten konnten die Besucher*innen der Ausstellung in anonymisierter Form positive wie negative Kritik sowie Anregungen anbringen. Begleitet wurde die Ausstellung von Jens Gottwald (Geschäftsführer Stadtentwicklungsgesellschaft Griesheim (SEGG)), Erich Varnhagen (Projektverantwortlicher der SEGG) sowie Carolin Handschuh (Koordinierungsstelle Bürgerbeteiligung, Stadt Griesheim), die vor Ort ansprechbar waren und für Rückfragen zur Verfügung standen.
Die Anregungen wurden im Nachgang der Veranstaltung vollständig gesichtet und die für die Planungsbüros relevanten Hinweise weitergeleitet. Jens Gottwald sieht einige Parallelen zu den Projektzielen der SEGG: „Wir erkennen viele Anliegen wieder, die bereits in den Projektzielen der SEGG und im Auslobungstext des städtebaulichen Wettbewerbs aufgehen. Das bestätigt, dass wir verstanden haben, was uns die Griesheimer Bürgerschaft schon in den sehr frühen Bürgerbeteiligungsveranstaltungen und Projektwerkstätten als Handlungsempfehlung mitgegeben hat.“
Der Wunsch nach „Orten der Begegnung“
Auf einer Vielzahl der bereitgelegten Feedbackkarten wurde von den Bürger*innen der Wunsch nach vielseitigen Orten der Begegnung, besonders zwischen „Jung und Alt“, im Quartier vermerkt. Die Wichtigkeit eines sozialen Treffpunkts der in allen Entwürfen in unterschiedlicher Ausgestaltung vorgesehen ist, wurde besonders hervorgehoben. Auch Möglichkeiten der Nahversorgung (Café, Kiosk etc.) sollten auf Bitten vieler Bürger*innen gegeben sein.
Über den Standort einer Kindertagesstätte und des Inklusionsprojekts wurden kontroverse Rückmeldungen hinterlassen. Einige Ausstellungsbesucher*innen befürworten die zentrale Verortung im Quartier und erhoffen sich darüber, soziale Begegnung und den Austausch unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen zu ermöglichen. Andere Stimmen befürworten eine Verortung, insbesondere der Kita, im Randgebiet, wo von einer ruhigeren Verkehrslage ausgegangen wird.
Eher kritisch wurden von einzelnen Stimmen mögliche Interessenskonflikte zwischen verschiedenen Generationen angemerkt, insbesondere bei einer räumlichen Nähe von studentisch geprägten und altersgerechten Wohnformen.
Nachhaltiges Verkehrs- und Parkkonzept
In der verkehrlichen Entwicklung der Konversionsfläche wird ebenfalls ein Themenschwerpunkt gesehen. Einige Entwürfe bergen nach Ansicht einiger Besucher*innen die Gefahr, dass die bereits angespannte Verkehrssituation, insbesondere im Bereich der Nehringstraße und Lilienthalstraße, noch weiter verschärft werde. Außerdem sollten die besonderen Bedürfnisse der sozialen Einrichtungen (z. B. Kita, Inklusionsprojekt) hinsichtlich der Verkehrssicherung und Parkplatzplanung Berücksichtigung finden.
Die in den Entwürfen gestalteten Parkkonzepte fanden sehr unterschiedlich Zustimmung und Kritik. Einige Rückmeldungen wünschen Tiefgaragen mitten im Quartier, andere plädieren dafür das Quartier mittels außerhalb des Wohngebiets gelegenen Quartiersgaragen möglichst autofrei zu halten. Zudem wurde kritisch angemerkt, dass die Berücksichtigung des Radverkehrs in der Verkehrsplanung noch zu wenig zum Ausdruck komme. Zu wenig Wege und Stellplatzmöglichkeiten seien bislang mitgedacht.
Architektonische Integration in umliegende Bebauung
Einige Rückmeldungen thematisieren architektonische Aspekte der Bebauung. So wurde teilweise angebracht, dass die vorgestellten Entwürfe nicht angemessen zur bestehenden Bebauung passen würden, sie seien etwa zu hoch oder zu monoton gestaltet.
Positiv wurden die Idee von niedriggeschossigem Wohnbau in Angrenzung an den Baumbestand und die Ermöglichung eines Ausblicks „ins Grüne“ aufgenommen.
Geschichte sichtbar machen
Hinsichtlich der baulichen Gestaltung dieses geschichtsträchtigen Ortes wurde der Wunsch angebracht, den historischen Kontext mitzudenken, um den „genius loci“ für Anwohner*innen und Besucher*innen spürbar werden zu lassen. Auch wurde vorgeschlagen, Gebäude aus der Zeit des amerikanischen Militärstützpunktes weiter zu nutzen und in die neue Bebauung, etwa als Kita, zu integrieren.
Schaffung eines naturnahen Quartiers
Viele Rückmeldungen drehen sich auch um das Thema Natur und Umwelt. Einige Bürger*innen sind besorgt, dass die geplante Bebauung nur einen unzureichenden Schutz schützenswerter Flächen gewährleiste. Die Naturfläche solle in die Bebauung eingebunden und gleichzeitig eine Bauweise im Einklang mit der Natur gewählt werden.
Bei einzelnen Konzepten wurde der sanfte Übergang von Wohn- und Naturraum gelobt und eine Begehbarkeit und Erlebbarkeit des angrenzenden Naturraums positiv hervorgehoben.
Zukunftsgerichtete Energiekonzepte mitdenken
Einige Feedbackkarten fordern ein nachhaltig geplantes Energiekonzept und schlagen vor, sich etwa an der Lincoln-Siedlung in Darmstadt zu orientieren. Es wird angeregt, die Nutzung von Solarenergie bei der weiteren Konzeptionierung einzuplanen. Die SEGG weist darauf hin, dass diese Planungstiefe, die ein Energiekonzept erfordert, zum Zeitpunkt des Zwischenkolloquiums noch nicht von den Planungsbüros erwartet wurde.
Projektverantwortlicher der SEGG, Erich Varnhagen resümiert: „Vielen der genannten Stellschrauben, beispielsweise dem Energiekonzept und der konkreten Gestaltung der Radinfrastruktur, werden wir uns im Rahmen der Feinplanung widmen können. Das Feedback der Bürgerschaft im Rahmen der Veranstaltung hat uns daher zu einem sehr frühen Zeitpunkt auf die kritischen Punkte hingewiesen, die wir nun projektbegleitend mitdenken werden.“
Bürgermeister Geza Krebs-Wetzl ergänzt: „Auch für die Stadt Griesheim nehmen wir aus den Rückmeldungen wieder viele wertvolle Themen mit, die wir als langfristige städtische Themen verstehen. Hinsichtlich der Verkehrsplanung möchte ich das Signal mitgeben, dass wir dies als gesamtstädtische Aufgabe nun parallel mitdenken und die Vision einer guten Lösung für das gesamte Wohngebiet im Süd-Osten Griesheims nicht aus den Augen verlieren. Ein Verkehrsplanungsbüro wurde dahingehend beauftragt, entlastende Strukturen zu erarbeiten.“
Viele sind bereits gespannt, wer letztlich den Wettbewerb für sich entscheiden kann. Am 1. Juli 2021 findet die abschließende Sitzung des Preisgerichts im Rahmen des städtebaulichen Wettbewerbs statt, bei der voraussichtlich über die 1.-, 2.- und 3.-Platzierte entschieden wird. Die Preisträger*innen werden im Rahmen einer feierlichen Ausstellung bekanntgegeben und Interessierte erhalten dabei Einblick in die final eingereichten Planungskonzepte. Über den genauen Termin, der nach den Sommerferien stattfinden soll, wird zeitnah informiert.